Erfahrungsberichte Virtueller Assistent*innen
Corinna | Bali
INTERVIEW
“Die gesamte Grafik kommt von mir.”
Hallo Corinna! Du hast dich bewusst gegen eine klassische Karriere in Deutschland entschieden und bist bereits 2016 nach Indonesien ausgewandert. Das ist ziemlich weit, und doch eigentlich eher ein Ort wo andere Urlaub machen. Wie kam es zu der Entscheidung, und warum ausgerechnet Indonesien?
Die Entscheidung kam gar nicht so konkret, es gab nicht den einen Zeitpunkt, an dem ich mir dachte: Ich will nach Indonesien auswandern. Ich hatte nach meinem Masterstudium eine Weile an der Uni gearbeitet, wollte dann aber bevor ich richtig ins Berufsleben einsteige, mir noch ein bisschen Zeit nehmen, um zu reisen. Dafür hatte ich ein Budget, und mein Plan war: So lange wie das Budget reicht, so lange reise ich. Konkrete Reiseziele hatte ich anfangs kaum, die Reise führte mich von Thailand weiter nach Kambodscha, dann wieder zurück nach Thailand, runter nach Malaysia und dann irgendwann nach Indonesien. Schließlich, auf Bali und Gili Air, war mein Budget irgendwann aufgebraucht, und das hieß: Jetzt fliege ich wieder nach Hause.
Als ich wieder zu Hause war, hatte ich aber nicht das Gefühl, dass das schon alles war. Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt einfach nicht vorstellen, im Büro zu sitzen und dort 40–50 Stunden pro Woche zu arbeiten. Also habe ich mir überlegt: Was mache ich jetzt? Ich habe angefangen, mir Jobs zu suchen, und mich selbständig zu machen – und zwar so, dass ich ortsunabhängig arbeiten kann. Dann habe ich überlegt: Wo fange ich mit dem Reisen wieder an? Wohin will ich als Nächstes? Ich kam zu dem Schluss: Da wo du aufgehört hast, fängst du auch einfach wieder an. Und das war Gili Air in Indonesien. Seitdem bin ich hier und bin nicht weitergereist.
Welche Ausbildung hast du, wie bist du zu my-vpa gekommen, und was machst du noch außerhalb von my-vpa?
Ich habe Innenarchitektur studiert, erst den Bachelor, dann den Master, und hatte während des Studiums auch schon an vielen kleinen Projekten im Bereich Design gearbeitet. Da war der nächste Schritt für mich, der in die Selbständigkeit, denn eine Tätigkeit in einem Büro kam für mich nicht infrage. Für den Start in die Selbständigkeit habe ich aber nach einer Möglichkeit gesucht, mir gleichzeitig eine sichere finanzielle Grundlage zu schaffen. Gerade, weil ich zu diesem Zeitpunkt ja auch wieder ins Ausland reisen wollte. Ich wusste, mit der Selbständigkeit kann man seinen Lebensunterhalt ganz gut bestreiten, aber ich wollte ein gewisses regelmäßiges Einkommen haben, auf das ich mich verlassen kann – auch wenn ich kurzzeitig mal keine eigenen Kunden haben sollte. Mit my-vpa habe ich diese Möglichkeit.
Wie hat es sich für dich persönlich angefühlt, nach Indonesien zu ziehen? Gab es etwas, das dich in den ersten Wochen überrascht hat?
Ich glaube, an die Entspanntheit hier musste ich mich erst gewöhnen – im positiven und im negativen Sinn. Es gibt etwas, das kriegt man auch nicht raus, wenn man in Deutschland aufgewachsen ist: Es gibt feste Termine, und an die hält man sich. Wenn man sich für ein Uhr verabredet, dann trifft man sich auch um ein Uhr. Aber wenn es in Indonesien heißt, wir treffen uns um eins, dann kommt man irgendwann mal vielleicht so gegen zwei, und wenn es regnet, dann kommt man gar nicht, denn man könnte nass werden … Aber genauso wie ich mich darauf einstellen musste, bin ich dadurch natürlich auch etwas entspannter geworden. Wenn etwas nicht auf Anhieb so funktioniert wie geplant, was ja durchaus mal vorkommt, dann ist das nicht zwingend dramatisch. Und wenn du eine halbe Stunde später kommst, dann wirst du schon deinen Grund gehabt haben.
Vor deinem Umzug nach Indonesien hattest du Zweifel oder Sorgen? Was war für dich persönlich die größte Hürde bei der Entscheidung?
Es gab eigentlich keine große Hürde, weil ich ja nie wirklich geplant hatte, auszuwandern, Expat zu werden, mein Leben lang selbständig zu sein und digital zu arbeiten. Mein Leben hier hat sich einfach entwickelt über die Jahre, ich habe hier einen Freundeskreis aufgebaut, sodass ich dann irgendwann dachte: Vielleicht gehe ich einfach nicht mehr weg. Die ganzen organisatorischen und rechtlichen Sachen, das kam alles so Stück für Stück. Es war nicht so, dass ich alles zu einem bestimmten Zeitpunkt organisiert haben musste. Meine Befürchtung war eher, dass meine Eltern sich zu viele Sorgen machen. Deshalb war es für mich eine Aufgabe, ihnen zu vermitteln, dass alles in Ordnung ist, ich bin zwar in einem anderen Land, aber ich bin nicht weg, und ich bin hier auch sicher. Aber die Sorgen meiner Eltern haben sich gelegt, seit sie mich hier zum ersten Mal besucht haben
Hat sich durch den Umzug dein Privatleben verändert, in Bezug auf deine Familie oder deinen Freundeskreis?
Meine Familie war bereits gewöhnt, dass wir uns nur alle paar Wochen sehen, denn ich bin für das Studium ausgezogen, als ich 19 Jahre alt war. Wir telefonieren, seit ich hier lebe, genauso wie vorher auch, da hat sich nicht so viel geändert. Wir sehen uns jetzt natürlich seltener persönlich. Dafür gibt es aber die Zeit, wenn sie Urlaub hier bei mir in Indonesien machen, die natürlich viel intensiver ist. Auch meine Freunde konnte ich schon in Deutschland nicht alle regelmäßig sehen, denn sie leben über ganz Deutschland verteilt. Ich bin in einer Stadt zur Schule gegangen, habe in einer anderen meinen Bachelor gemacht, und in wieder einer anderen den Master. So kommt es, dass ein Teil meiner Freunde in Westdeutschland lebt, ein Teil in der Mitte, ein Teil im Osten – aber man findet Wege, den Kontakt zu halten. Ich bin nun zwar noch weiter weg, aber der generelle Kontakt hat sich nicht verändert.
Wie wichtig ist denn eine tägliche Routine als VPA?
Die tägliche Routine ist wichtig, aber manchmal ist es auch gut, dass sie nicht so starr ist. Je routinierter ich arbeite, desto fokussierter bin ich. Aber ich habe gleichzeitig auch die Möglichkeit, zu sagen: Ich kann heute nicht. Selbstverständlich muss ich meine Kundenaufträge so organisieren, dass nichts unerledigt bleibt, keine Fristen überschritten werden. Aber ich habe die Möglichkeit, wenn an einem Tag nichts Dringendes erledigt werden muss – dann kann ich einfach rausgehen und den Tag genießen. Anders als bei anderen Arbeitsformen, wo man um 9:00 Uhr im Büro sitzen muss, egal wie viel zu tun ist. Grundsätzlich ist Routine fürs tägliche Arbeiten sehr wichtig, aber es gibt auf der anderen Seite auch diese Freiheiten, die man sonst nicht hat.

Gibt es in deiner Zeit bei my-vpa Projekte, auf die du besonders stolz bist?
Ja, es gibt ein paar Projekte, auf die ich stolz bin. Meistens sind das Projekte für Kunden, die schon langfristig bei my-vpa sind, und die ich schon lange dort betreue. Für einen Kunden aus dem Lebensmittelbereich habe ich relativ zeitnah nach meinem Start bei my-vpa erste Design-Projekte bearbeitet. Das Unternehmen ist über die Jahre gewachsen und hat sich weiterentwickelt, und zeitgleich habe ich entsprechend weitere Aufträge bekommen und habe dadurch das Design immer mit weiterentwickelt. Bis zu dem Punkt, dass nun sowohl die Website des Kunden über my-vpa läuft als auch die gesamte Grafik- und Layout-Gestaltung von mir kommt. Das gibt einem schon ein Gefühl der Zufriedenheit – das Ganze hat mit einer kleinen Aufgabe angefangen, und jetzt arbeiten wir seit mehreren Jahren zusammen, haben regelmäßig neue Projekte und können das Design gemeinsam weiter ausbauen.
Durch die lange Zusammenarbeit wächst nicht nur meine Erfahrung im Bereich Design, sondern auch mein Wissen über den Kunden: über das Corporate Design, die Zielgruppe und die Unternehmensziele. Und auch die Design-Welt des Kunden wird durch die langfristige Zusammenarbeit immer ausgefeilter und umfangreicher, ohne dass es zu große Umbrüche gibt, da alles aufeinander aufbaut und aus einer Hand kommt. Wenn ein Design-Projekt abgeschlossen ist, dann ist es final. Man hat nicht mehr die Möglichkeit, die Idee noch weiter reifen zu lassen. Diese Möglichkeit hat man aber bei Kunden, mit denen man langfristig zusammenarbeitet. Es sind vor allem diese langfristigen Projekte, die mir Spaß machen, weil ich da die Zeit habe, etwas weiterzudenken, und mit den Kunden zu besprechen, was vielleicht der nächste Schritt sein könnte.
Wie sieht dein Lieblings-Arbeitsplatz aus, und was darf dort nie fehlen?
Ich glaube, man stellt sich bei remote workern immer vor, dass sie am Strand arbeiten – in der Realität ist das nicht so. In der Realität sitze ich gern bei mir zu Hause, mit Blick auf meinen Garten. Und mache ganz in Ruhe meine Arbeit. Dieses Am-Strand-Arbeiten, oder auch in einer Bar, das stellt man sich immer sehr romantisch vor – aber es ist dort ziemlich laut, es kommen ständig Leute vorbei, die man kennt, man kommt nicht zum Arbeiten und kann sich kaum konzentrieren. Ich arbeite lieber zu Hause, an meinem Schreibtisch. Am liebsten tatsächlich mit Blick in den Garten. Bei mir in der Nähe ist eine Ferienunterkunft mit einem Swimmingpool im Garten – auf dem Wasser im Pool sehe ich dann manchmal die Sonne glitzern, das ist ein toller Anblick. Mehr braucht es eigentlich auch gar nicht.
Ist die Zeitverschiebung ein Problem für dich bei der Erledigung deiner Aufträge oder bei der Kund*innen-kommunikation?
Nein, ein Problem ist die Zeitverschiebung grundsätzlich nicht. Es gibt Situationen, die mehr Koordination erfordern, weil ich aufgrund der Zeitverschiebung ab nachmittags deutscher Zeit nicht mehr erreichbar bin. Ich arbeite dafür morgens, und habe auch die Möglichkeit, dringende Aufträge “über Nacht” für Kunden fertig zu stellen. Da ist die Zeitverschiebung also eher ein Vorteil. Nachteil ist aber, dass ich ab nachmittags für die Kunden nicht mehr zu erreichen bin, da es hier dann abends ist. Das hat sich aber eigentlich immer gut eingespielt nach einer kurzen Zeit. Es braucht anfangs etwas Abstimmung mit dem Kunden, wie die Kommunikation am besten ablaufen kann, wie sich meine Arbeitszeiten durch die Zeitverschiebung mit den Aufträgen in Einklang bringen lassen, und zu welchen Zeiten ich meine Nachrichten abrufen kann. Aber nach einer Weile verinnerlicht man das.
Wie verbringst du am liebsten deine Freizeit?
Wenn nicht gerade Corona ist, dann verbringe ich meine Freizeit tatsächlich am liebsten am Strand. Die Insel, auf der ich lebe, ist ja sehr klein: Man braucht nur eineinhalb Stunden, um die Insel einmal komplett zu umrunden. Das bedeutet, egal in welche Richtung man läuft: Man hat es nicht weit bis zum Strand. Das beste Feierabendprogramm hier: Mit einem kalten Bier am Strand sitzen und sich den Sonnenuntergang anschauen.
Wie hat Corona deine Arbeit und deinen Alltag vor Ort beeinflusst?
Tatsächlich kaum – und das ist ein großes Glück, das ich dem Job bei my-vpa verdanke. Viele meiner Freunde haben ihre Jobs verloren, andere Freunde, die hier vor Ort Ferienunterkünfte betreiben, mussten diese schließen, und haben dadurch ihre Einkünfte verloren. Als Expat, also Bewohner mit anderer Staatsangehörigkeit, erhält man hier vor Ort auch keine staatliche Unterstützung für die ausbleibenden Einnahmen. Über my-vpa konnte ich tatsächlich auch während der Corona-Pandemie weiter meine Aufträge bearbeiten – es läuft ja schon immer alles digital ab. Für mich ist es sogar etwas einfacher geworden, neue Kunden zu finden, weil sich viel mehr Menschen auf digitale Zusammenarbeit einstellen. Die Hemmschwelle, etwas online zu besprechen statt persönlich, ist kleiner geworden.
Ich kenne Kunden, denen ist es früher schwergefallen, mit jemandem zusammenzuarbeiten, der so weit entfernt im Ausland sitzt. Zu kompliziert, meinten sie. Inzwischen ist die Einstellung aber eher: Wir dürfen uns ja sowieso nicht sehen, da macht es für mich keinen Unterschied, an welchem Ort du arbeitest. Glücklicherweise ist die Insel, auf der ich wohne, fast von Corona-Fällen verschont geblieben. Spätestens seit den Reisebeschränkungen ist sie aber auch sehr vom Umland abgeschottet, wie das bei Inseln eben so ist. Dadurch kann man sich hier im Alltag allerdings viel freier bewegen, als das anderswo der Fall ist.

Corinna
Corinna ist seit 2016 Teil unserer Community, lebt und arbeitet auf Bali, und übernimmt regelmässig Design-Aufträge von Layout- bis Logoentwicklung für ihre Kund*innen.